IOR – Index of Refraction
Robert Seidel
23.11.2018 – 25.01.2019
Eröffnung Freitag, 23. November 2018, 20 Uhr
Begrüßung Monique Förster, Leiterin Kunsthaus Erfurt
Einführung Christoph Tannert, künstlerischer Leiter Künstlerhaus Bethanien, Berlin
Mit Blick auf das kommende Bauhausjubiläum entwickelte das Kunsthaus Erfurt, gemeinsam mit dem renommierten Medienkünstler Robert Seidel, ein Ausstellungsvorhaben, dass über den Einsatz moderner Technologien einen interaktiven Zugang zur Kunst ermöglicht. Dieses Kunstprojekt schafft die Möglichkeit Arbeiten auf ganz neue Art zu entdecken als auch neue Aspekte vorhandener Werke zu beleuchten. Über Augmented Reality (AR) bietet die Galerie eine spektakuläre Form der skulpturalen Betrachtung und Durchdringung der Arbeiten Robert Seidels, die aber auch außerhalb der Ausstellung unsere menschlichen Erfahrungswelten verändern wird.
In seinen Arbeiten interessiert sich Robert Seidel für die Grenzerweiterung von abstrahierter Schönheit durch visuelle und wissenschaftliche Techniken und der daraus resultierenden emotionalen Wahrnehmung. Im organischen Zusammenspiel verschiedener struktureller, räumlicher und zeitlicher Konzepte erzeugt er eine in sich ständig transformierende Komplexität. Deren mehrfach facettierte Perspektive fungiert als narratives Grundgerüst, welches sich mit den persönlichen Erinnerungen der Zuschauer zum eigentlichen Kunstwerk verbindet.
Seit seinem Diplom an der Bauhaus-Universität Weimar arbeitet Seidel an der Auflösung von kunst-historischen Gattungsgrenzen. Aus der anfänglichen Skizze, oft auf Papier, entwickeln sich experimentelle Filme, virtuelle und reale Skulpturen, Videoinstallationen, Laserzeichnungen, Mikroskopaufnahmen und großformatige Projektionen auf Architektur sowie Natur. László Moholy-Nagy, Bauhäusler der ersten Generation formulierte es visionär: »die ultimative kinetische Skulptur wäre eine virtuelle Struktur« (1). Seidel löst diese Maxime, dank des fortschreitenden Durchwachsens der Gesellschaft mit erschwinglicher Technologie, ein.
Mit der dreiteiligen Arbeit IOR – Index of Refraction im Kunsthaus Erfurt widmete er sich nun erstmalig dem Thema Augmented Reality, erweiterte Realität, kurz AR. Bei dieser Technik wird ein Smartphone oder Tablet verwendet, um digitale beziehungsweise virtuelle 3D-Informationen mit dem (realen) Bild der geräteeigenen Kamera zu überlagern. Der Betrachter hat so die Möglichkeit ein virtuelles 3D-Objekt im realen, dreidimensionalen Raum zu erkunden. Durch die Rückkopplung der Kameraansicht mit der Bewegung der eigenen Hand wird die skizzenhafte Überformung der Umwelt durch das eigene, vertraute Smartphone direkt nachvollziehbar. Mit der Arbeit umschifft Seidel die Mechaniken künstlicher Verknappung am Kunstmarkt und erlaubt es, dass sich das Kunstwerk potentiell in jedem Smartphone einnisten kann und sich an anderen Orten weiter entfaltet – die Zeit dafür ist nun, nach 100 Jahren, der Anfänge des Genregrenzen einreißenden Bauhauses, gekommen.
Ergänzt wird die Ausstellung mit großformatigen Zeichnungen und den Videoinstallationen vitreous, tarnish und sfumato. Die beiden letzteren sind erstmalig in Deutschland zu sehen. In ihnen widmet sich Seidel dem Übergang von Konzepten aus Malerei und Skulptur in ein bewegtes Bild und dessen Rückverbindung mit dem realen Raum.
Viele der gezeigten Arbeiten in der Galerie im Kunsthaus Erfurt entstanden in Kooperation mit dem Hamburger Komponisten Nikolai von Sallwitz und den Miller Studios in Jena, mit denen Seidel seit vielen Jahren erfolgreich zusammenarbeitet.
1 Vision in Motion, László Moholy-Nagy, 1947, Institute for Design, Chicago
Robert Seidel *1977 in Jena, studierte Mediengestaltung an der Bauhaus-Universität Weimar. Seine Projektionen, Installationen und Experimentalfilme wurden auf zahlreichen internationalen Festivals, in Galerien und Museen, so unter anderem dem Royal Museum of Fine Arts Antwerp, Palais des Beaux-Arts Lille, ZKM Karlsruhe, Art Center Nabi Seoul, Museum of Image and Sound Sao Paulo, Young Projects Los Angeles, MOCA Taipeh oder im Deutschen Pavillon der EXPO 2017 in Astana, Kasachstan gezeigt.
Seine Arbeiten wurden mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, so dem Ehrenpreis der KunstFilm Biennale Köln, dem Visual Music Award Frankfurt und dem Preis für den besten Experimentalfilm auf dem Ottawa International Animation Festival.
Die Ausstellung wird gefördert durch die Thüringer Staatskanzlei, Abteilung Kultur und Kunst und die Kulturdirektion der Stadt Erfurt, im Rahmen des kulturellen Jahresthemas 2018 „Bild(er) deiner Stadt“. Mit freundlicher Unterstützung der HYPO-KULTURSTIFTUNG. Die Augmented-Reality-Arbeit von Robert Seidel wurde durch die Kulturstiftung des Freistaats Thüringen gefördert.
Abb.: Robert Seidel, 2018, Vorstudie für die Augmented-Reality-Arbeit „Index of Refraction“