31 Jan 2024

THE NOTION OF SILENCE

Nevin Aladağ, Lena Marie Emrich, Ossian Fraser
Lena von Goedeke, Jan Jelinek, Jeewi Lee
Mischa Leinkauf, Nik Nowak, Christina Wunderlich

kuratiert von Lydia Korndörfer

03.11.2023 – 31.01.2024
Eröffnung: Freitag, 3. November 2023, 20 Uhr
Einführung: Lydia Korndörfer

1952 wird das weltberühmte und vielzitierte Stück „4’33’“ von John Cage erstmals aufgeführt. Die Komposition aus drei Akten für Klavier ließ die Erwartungen des Publikums unerfüllt: Der Pianist David E. Tudor schloss zum Auftakt eines jeden Aktes den Tastaturdeckel, verharrte dann regungslos und konzentriert vor dem Flügel, um ihn schließlich am Ende jeden Aktes wieder zu öffnen. Diese Vorführung, die oft als Demonstration der Stille beschrieben wird, war genau gegenteilig zu verstehen. „So etwas wie Stille gibt es nicht.“, äußert sich Cage kurz nach der Premiere. Laut des Künstlers sei alles Musik. „Was sie [die Zuhörer:innen] für Stille hielten, weil sie nicht zuhören konnten, war voller zufälliger Geräusche. Während des ersten Satzes konnte man draußen den Wind wehen hören. Während des zweiten Satzes prasselten Regentropfen aufs Dach, und während des dritten Satzes machten die Menschen selbst alle möglichen interessanten Geräusche, wenn sie sich unterhielten oder hinausgingen.“

Die Ausstellung „The Notion of Silence“ spürt der Idee von Stille nach, einem gedanklichen Konstrukt, das in seiner Vollkommenheit niemals existieren kann und für den Menschen unerträglich wäre. Im Gewand des Innehaltens, Zu-Sich-Findens, der Reflexion und Naturverbundenheit erfährt die Stille gegenwärtig dennoch eine immer größere Romantisierung. Noise-Cancelling-Kopfhörer, Meditation und Yoga, Landflucht sowie Reisen an die entlegensten Orte der Erde gehören zu den Mitteln und Methoden, die in frenetischen Zeiten dieses rare Gut versprechen.

Die ausgewählten Kunstwerke von Nevin Aladağ, Lena Marie Emrich, Ossian Fraser, Lena von Goedeke, Jan Jelinek, Jeewi Lee, Mischa Leinkauf, Nik Nowak und Christina Wunderlich bewegen sich zwischen den Polen, die Stille definieren. Sie zeugen von der Abwesenheit von Sound, oder von dessen Anwesenheit, wo er nicht zu erwarten wäre: Pausen im Gesprächsfluss rücken in den Fokus. Die Spuren von Popmusik materialisieren sich. Gewitterwolken werden zum Klingen gebracht. Es ertönen die Frequenzen eines Bergpanoramas, das der Mensch ohne Technik nicht hören könnte. Unerschlossene Räume inmitten von Megacities werden sichtbar.

Sie weisen schließlich ähnliche Qualitäten auf wie jene Landschaften, die auf der Suche nach Stille zu Sehnsuchtsorten geworden sind – die Berge, das Wasser, die Wüste oder das Eis.

Lydia Korndörfer

 

Abb.: Ossian Fraser, Untitled (Pond), 2019
© Der Künstler und VG Bild-Kunst, Bonn

Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaats Thüringen, die Kulturdirektion der Stadt Erfurt und die Thüringer Staatskanzlei.
Mit freundlicher Unterstützung der Galerie HAMMERSCHMIDT+GLADIGAU.