30 Aug 2024

AUSLÖSCHUNG EINES BLICKS. ICH TRAGE MEINE WUNDEN OFFEN

Gabriele Stötzer

30.08.-30.10.2024
Eröffnung, Freitag, 30. August 2024, 20 Uhr
Einführung: Franziska Schmidt, Kunst– und Fotohistorikerin

Mit ihren künstlerischen Selbsterkundungen und -behauptungen agiert Gabriele Stötzer seit Ende der 1970er-Jahre in einem unermüdlichen Mit-sich-Ringen als Frau, Schriftstellerin und bildende Künstlerin. Stötzer hat sich immer wieder neu gegen kulturelle, gesellschaftliche und politische Widerstände gestellt. Ihre Arbeiten richten sich gegen eine vom damaligen System der DDR betriebene Auslöschung der individuellen Persönlichkeit sowie gegen gängige Geschlechterrollen und kulturelle Normen. Die Themen, die Stötzer allein oder mit anderen Darsteller:innen erarbeitet hat, entwerfen ein subversives Gegenbild zur staatlich und gesellschaftlich vorgegebenen Version. Stötzer versucht, die eigene am Rand der Gesellschaft stehende Generation mit ihren Träumen, Versuchungen und Fragestellungen einzufangen, indem sie diese aus der Distanz heraus reflektiert, spiegelt und provoziert und damit innere sowie äußere Grenzen in Frage stellt. In den Arbeiten verbinden sich Momente von Verletzlichkeit, Sinnlichkeit, Sehnsucht und Fühlbarkeit.

Im Fokus von Stötzers Schaffens steht der weibliche Körper, der fern von den Vorstellungen des Maskulinen und ferner von einem tradierten Kunstbegriff agiert. Persönliche Erfahrungen verschmelzen mit einer intensiven körperbetonten Arbeitsweise. Frauenkörper, nackt oder verwandelt, generieren ein Aufbegehren und fordern kompromisslos eine andere Subjektivität. Die Kraft des Subjekts liegt vor allem in der Kraft der Begegnung; weswegen sich das Agieren der Künstlerin letztendlich nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf das gemeinsame Erleben in einem kollektiven Prozess konzentriert.

In Stötzers Arbeiten liegt eine universelle Kraft, losgelöst von Raum und Zeit, die das Unaussprechbare und Unberechenbare sowie Träume und Visionen vermittelt. Wie ein lebendiges Gewebe spinnt sich ihr vielschichtiges OEuvre zu einem eigentümlichen Bilderkosmos, der in seiner parallelen Vielfalt eindrucksvoll und überbordend zugleich ist. Dabei ist Stötzers Bildhaftigkeit nie real, sondern schafft „unsichtbare, unausgesprochene, existentielle sowie poetische und archetypische Menschenbilder“ (G. Stötzer).

Die Ausstellung im Kunsthaus Erfurt zeigt eine Auswahl über die unterschiedlichen Schaffensbereiche der Künstlerin. Neben Malerei, Zeichnung und Fotografie umfasst sie auch Künstlerbücher, Keramik, Textil sowie Installationen, Filme und Texte, die zwischen 1978 und 2023 entstanden sind.

Kuratorinnen: Franziska Schmidt, Berlin; Monique Förster, Erfurt

FRANZISKA SCHMIDT ist freie Kunst- und Fotohistorikerin, Kuratorin und Autorin. Von 2000 bis 2001 war sie Stipendiatin im Programm Museumskuratoren für Fotografie der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, Essen.2020 leitete sie in Vertretung die Galerie Parterre und Kunstsammlung Pankow, Berlin. Davor war sie Mitarbeiterin an der Fotografischen Sammlung der Staatlichen Galerie Moritzburg, Halle/Saale; Leiterin der Galerie Berinson, Berlin; Geschäftsführerin und künstlerische Leiterin des Museum für Photographie, Braunschweig und Leiterin der Abteilung Fotografie bei Grisebach Auktionen, Berlin.

MONIQUE FÖRSTER ist Künstlerin, Kuratorin und seit 1991 Geschäftsführerin und künstlerische Leiterin des Kunsthaus Erfurt. Sie studierte an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und war Gründungsmitglied der Künstlerinnengruppe Erfurt, später »Exterra XX«. Sie ist seit 2001 berufenes Mitglied der Kunstkommission der Stadt Erfurt, 2013-2024 Co-Betreiberin der Galerie HAMMERSCHMIDT + GLADIGAU, Erfurt und hat zahlreiche internationale Ausstellungen und Publikationen zur zeitgenössischen Kunst realisiert.

Gefördert durch: Stiftung Kunstfonds, Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatskanzlei Freistaat Thüringen, Stadtverwaltung Erfurt Landeshauptstadt Thüringen.
Mit freundlicher Unterstützung der LOOCK Galerie, Berlin und der Galerie HAMMERSCHMIDT + GLADIGAU.

Abb.: Gabriele Stötzer, Selbstporträt, aus: “Die Auslöschung eines Blicks. Ich trage meine Wunden heute offen”, fotografiert von Heike Stephan, 1983, Silbergelatine auf Barytpapier, 14,7 x 10,5 cm;
© Gabriele Stötzer, VG Bild-Kunst, Bonn 2024;
Courtesy LOOCK Galerie, Berlin