27 Apr 2007

HEY

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Jessica Centner

27. April – 1. Juni 2007

HEY
Man muss auch mal in den Keller gehen dürfen, seinen Schnitt machen und lachen. Wovon ich erzählen will: wer verschliefe nicht am liebsten den Sonnenaufgang?
Die Nächte sind kurz, die Tage dafür umso länger. Das nennt sich Tagesgeschäft, und einige gehen dafür dann extra ins Büro, oder in die Werkstatt, oder in den Laden.
Gehen ist aber eigentlich die falsche Redewendung: du wirst gegangen worden sein, könnten sich die meisten meistens an den Spiegel heften.
Auf Arbeit angekommen wird entweder versucht, Zuhause zu vergessen, oder nach dem Frühstück steht die mentale Vorbereitung auf den Feierabend auf dem Programm. Oder auch beides, in welcher Reihenfolge auch immer: Vergessen vs. Bedenken, oder Schlingen vs. Essen.

Aber Hey, das ist ok so. In der Zwischenzeit Rechnungen schreiben, Rechnungen nicht aufmachen; sortieren und abheften; telefonieren und die Schäfchen in der Warteschleife mitzählen, bei ebay die letzen drei Kartons vom Umzug im letzen Sommer eingestellt – es macht Spaß ,die Konzepte zuschanden gehen zu lassen. Ich bin mir sicher: nächstes Jahr wird Einstellung in one-click umbenannt. Und alle werden es bemerkt haben. Die Zeiten sind endgültig vorbei, wo niemand was gemerkt, gehört, gewusst hat. Alle wissen sofort bescheid und sind ehrlich begeistert oder ehrlich entsetzt ( je nach Besetzung): im Radio und im regionalen Vorabendprogramm gibt es Spontaninterviews zu diesem heißen Eisen und einigen ist die Frage nach der Einstellung sichtlich lästig, -: Wie, heute ist doch nicht schon wieder die Sonntagsfrage dran! Aber die bringen das nicht so richtig überzeugend rüber und vielleicht sollten die nochmal von vorne… Ach so, stimmt, ist zwar Vorabend aber jetzt keine Serie, also sind die so in echt und nicht schlecht in echt geschauspielert. Na hey, manchmal fragt man sich das doch, was hier jetzt echt und authentisch ist und was nur so abgeschaut und nachgemacht, oder auch authentisch abgeschaut und nachgemacht ist. Das ist doch mal ein wichtiger Unterschied gewesen. Ob der jetzt noch weiter wichtig ist – also echt authentisch, oder authentisch gespielt – wer will das entscheiden? Das sind so die Gedanken für 3 Cent zwischendurch. Im Stil von hängengeblieben und nicht weitergezappt. So eindringlich wie ein Bild mit ganz viel von allem, Farbe, Schwung und Duktus. Da steckt dann soviel drin, die römischen Kloaken waren im Vergleich ein pazifisches Elysium! Ganz klar: ZU VIEL MATERIAL. Aufmerksamkeit und Konzentration. Mal länger hingeschaut. Punkte fixiert und verbunden. Noch mal hingeschaut, auch wenn es eigentlich eh klar war, dass es nichts zu sehen geben würde. Die Glotze weiterflimmern lassen und einfach mal danebengeschaut. Das Radio zwischen zwei Stationen laufen lassen. Auch nicht schön. Die weiße Wand. Die Neonreklame und die Leuchtkästen. Mal einen Strich ziehen und auf ich-nicht-verstehen machen! Schon gut, ja? Aber Hey, es war ja nur so ein Gefühl.
Ich bleib da lieber gleich weg. Ich meine, ich geh da gar nicht erst hin. Ich arbeite nämlich nur in meiner Freizeit, und die ist beschissen eng bemessen. Vernunft und lange Wege sollte ich mir in dieser Situation lieber ersparen und überhaupt, wozu lebt man sonst in einer großen Stadt?

Jessica Centner stellt Bilder, Objekte und Situationen her und nach.
Sie studierte in den 90er in Kassel und Karlsruhe freie Kunst und Malerei.
Ihre erste Einzelausstellung widmete sie ihrer Katze.
Chichi war damals bereits einige Jahre tot.
Lasse Schnuck

 

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